


Zu eignen Händen.
Mein werther Freund! Nach meinem Wunſsch, und nach meiner Hoffnung
ſsind Sie, wenn Sie dieſsen Brief erhalten, von Ihrer Sÿnodal-Reiſse
geſsund und glüklichglücklich zurückgekom̅en;zurückgekommen; Ihrer Bitte, daß ich Ihnen eine
etwaige Beſschreibung des Characters, der Geſsinnungen, und der Familie
der Demoiſs.Demoiſselle Noot machen mögte, will ich denn nun, ſso gut ich kankann,
entſsprechen: ihr natürlicher Character iſtst aufrichtig, gefällig, zuvorkom̅end,zuvorkommend,
und gar nichts fordernd, meine Frau, und ich, wir haben in der
gantzenganzen Zeit unſsers Umgangs mit ihr, gar nichts falschesFalsches und ungeradesUngerades
an ihr bemerkt; etwas zu ſsagen, das ihr nicht von Hertzen giengeHerzen ginge,
würde ihr, wie ich vermuthe, überaus ſschwer werden — aber gar nicht
ſschwer wird es ihr, ſsich nach andern, ſsoweit es die Aufrichtigkeit zuläßt,
zu accommodiren; auf ihren Sinn eigenwillig zu beſtstehen, ſscheint ihr
gar nicht eigen, ſsondern Nachgiebigkeit, und leichte Lenkſsamkeit ein
Hauptzug ihrer Characters zu ſseÿn, dabeÿ ieyn, dabey iſtst ſsie aber von aller SchmeicheleÿSchmeicheley
und Heucheleÿ,Heucheley, ſso wie von allem StoltzStolz weit entfernt; ſsie hat eine
ſschlechte MeÿnungMeinung von ſsich ſselbſtst, und irrt ſsich darinndarin oft zu ihrem
Nachtheil, indem ſsie ſsich viel weniger Gutes zuschreibt, und zutraut, als
ſsie würklich hat; dieſser niedrige Sinn macht dann auch, daß ſsie wenig
von andern fordert, und weit mehr daran denkt, wie ſsie ſsich andern
gefällig machen, und ihnen zur Freude ſseÿn möge;eyn möge; — Was ihre Geſsinnungen
betriftbetrifft, ſso glaube ich, es ſsagen zu dürfen, daß ihr Chriſtstenthum aufrichtig,
und nicht nur oberflächig, ſsondern feſtst und tief gegründet iſtst; Es iſtst ihr
ernſtstlich um ihre Selbſtstbeſsſserung zu thun, und ſsie hat würklich darinndarin ſschon
Fortſschritte gemacht; daß ihr das Wohlgefallen Gottes, und ihre innre
Ruhe mehr werth iſtst, als alle Luſtst dieſser Welt, und alle Luſtstbarkeiten,
davon hat ſsie verſschiedene ſsehr entſscheidende Proben abgelegt; Schonschon
ſseit einigen Jahren nahm ſsie an denen Vergnügungen, die in Ruhrorth,
und in Hagen üblich ſsind, nicht mehr Theil, weil ſsie dieſselbe einem
Chriſtsten unanſtständig hielt — ; Was zuletzt ihre Familie betrift,betrifft,ſso
iſtst in derſselben keine PerſsohnPerson, deren ſsie Urſsache hätte, ſsich zu ſschämen.
ſsie hat, ſsoviel ich weiß, 3 Brüder und 2 Schweſtstern; der ältere Bruder
iſtst OberSaltz⹀-Inspector, und Zoll-Einnehmer in Ruhrorth; ZweÿZwey ſsehr ein⹀
trägliche und ehrenvolle Bedienungen; ſseine Frau iſtst eine Mauritz von Weſsel;
Der Zzweyteyte Bruder iſtst Creiß⹀EinnehmerKreis-Einnehmer gleichfalls in Ruhrorth, und mit
einer Karthaus von Hagen verheirathet; der dritte noch unverheirathete
beſsorgt die Geſschäfte der älteren Schweſtster, die eine Spedition hat, und gleichfalls
in Ruhrorth wohnt — ; dieſse iſtst durch die Demo.Demoiſselle Noot aufmerkſsahm auf ſsich
ſselbſtst, und auf Gottes Wort geworden, und hegt den ernſtstlichen Wunſsch ſsich
zu beſsſsern; die jüngere Schweſtster iſtst an Herrn Doctor Maercker in Hagen
verheirathet —;
denen Ihren bekannten Geſsinnungen.
Fr.Friedrich Hoffmann
Synode: auch Kirchenrat oder Konsistorium; bezeichnet die Versammlung der Geistlichen und Laien evangelischer Gemeinden einer Region. Zwischen dem 10. und 12. Mai 1791 fand in der Pfarrkirche zu Haan die bergische Provinzialsynode statt. Johann Caspar Engels erhielt am 3. April 1791 das Mandat für die Synode der Elberfelder Classis.
Frz. „Fräulein“.
Clara Friederika Hoffmann, geb. Klein (1756–1823).
Sich anpassen.
Mangelndes bzw. schwach ausgeprägtes Selbstbewusstsein gilt hier nicht nur als Ausdruck exemplarischer christlicher Demut, sondern gemäß zeitgenössischen Geschlechtervorstellungen auch insbesondere als eine weibliche Tugend.
Diederich Walter Noot (1746–1817).
Obrigkeitlicher Kontrolleur des Salzhandels.
Hier: Obrigkeitliche Stellungen.
Anna Catharina Noot, geb. Mauritz (1756–1825).
Gerhard Peter Noot (1751–1836).
Vereidigter Einnehmer der Kreissteuern.
Anna Clara Maria Noot, geb. Karthaus (1750–1860).
Samuel Wilhelm Noot (1756–1828), Kaufmann in Ruhrort.
Johanna Sophia Aletta Haniel, geb. Noot (1742–1815).
Maria Elisabeth Märker, geb. Noot (1753–1831).
Johann Christoph Märker (1753–1830), Dr. jur., Notar und Justizkommissar in Hagen.
Johann Caspar Engels’ briefliche Erkundigungen über Luise Noot zum Zwecke der Entscheidungsfindung, ob er sie zur Frau nehmen solle oder nicht, ist Ausdruck einer vormodernen Liebes- und Ehekonzeption, der zufolge die Partnerschaft (noch) nicht in einer individualisierenden gegenseitigen ‚Liebe‘ ihren Legitimationsgrund findet, sondern in einem Katalog angebbarer positiver Merkmale der Person (wie Tugend, Frömmigkeit, soziale Reputation etc.) Siehe hierzu auch: Thorsten Dette: „Ach Gott, welch ein seliges Gefühl ist doch die Liebe“: Brautbriefe der Familie Engels im Kontext zeitgenössischer Standesschranken und Hochzeitsbräuche, in: Geschichte im Wuppertal (GIW) 24, 2015, 6–22.
Zu eignen Händen.
Mein werther Freund! Nach meinem Wunſsch, und nach meiner Hoffnung
ſsind Sie, wenn Sie dieſsen Brief erhalten, von Ihrer Sÿnodal-Reiſse
geſsund und glüklichglücklich zurückgekom̅en;zurückgekommen; Ihrer Bitte, daß ich Ihnen eine
etwaige Beſschreibung des Characters, der Geſsinnungen, und der Familie
der Demoiſs.Demoiſselle Noot machen mögte, will ich denn nun, ſso gut ich kankann,
entſsprechen: ihr natürlicher Character iſtst aufrichtig, gefällig, zuvorkom̅end,zuvorkommend,
und gar nichts fordernd, meine Frau, und ich, wir haben in der
gantzenganzen Zeit unſsers Umgangs mit ihr, gar nichts falschesFalsches und ungeradesUngerades
an ihr bemerkt; etwas zu ſsagen, das ihr nicht von Hertzen giengeHerzen ginge,
würde ihr, wie ich vermuthe, überaus ſschwer werden — aber gar nicht
ſschwer wird es ihr, ſsich nach andern, ſsoweit es die Aufrichtigkeit zuläßt,
zu accommodiren; auf ihren Sinn eigenwillig zu beſtstehen, ſscheint ihr
gar nicht eigen, ſsondern Nachgiebigkeit, und leichte Lenkſsamkeit ein
Hauptzug ihrer Characters zu ſseÿn, dabeÿ ieyn, dabey iſtst ſsie aber von aller SchmeicheleÿSchmeicheley
und Heucheleÿ,Heucheley, ſso wie von allem StoltzStolz weit entfernt; ſsie hat eine
ſschlechte MeÿnungMeinung von ſsich ſselbſtst, und irrt ſsich darinndarin oft zu ihrem
Nachtheil, indem ſsie ſsich viel weniger Gutes zuschreibt, und zutraut, als
ſsie würklich hat; dieſser niedrige Sinn macht dann auch, daß ſsie wenig
von andern fordert, und weit mehr daran denkt, wie ſsie ſsich andern
gefällig machen, und ihnen zur Freude ſseÿn möge;eyn möge; — Was ihre Geſsinnungen
betriftbetrifft, ſso glaube ich, es ſsagen zu dürfen, daß ihr Chriſtstenthum aufrichtig,
und nicht nur oberflächig, ſsondern feſtst und tief gegründet iſtst; Es iſtst ihr
ernſtstlich um ihre Selbſtstbeſsſserung zu thun, und ſsie hat würklich darinndarin ſschon
Fortſschritte gemacht; daß ihr das Wohlgefallen Gottes, und ihre innre
Ruhe mehr werth iſtst, als alle Luſtst dieſser Welt, und alle Luſtstbarkeiten,
davon hat ſsie verſschiedene ſsehr entſscheidende Proben abgelegt; Schonschon
ſseit einigen Jahren nahm ſsie an denen Vergnügungen, die in Ruhrorth,
und in Hagen üblich ſsind, nicht mehr Theil, weil ſsie dieſselbe einem
Chriſtsten unanſtständig hielt — ; Was zuletzt ihre Familie betrift,betrifft,ſso
iſtst in derſselben keine PerſsohnPerson, deren ſsie Urſsache hätte, ſsich zu ſschämen.
ſsie hat, ſsoviel ich weiß, 3 Brüder und 2 Schweſtstern; der ältere Bruder
iſtst OberSaltz⹀-Inspector, und Zoll-Einnehmer in Ruhrorth; ZweÿZwey ſsehr ein⹀
trägliche und ehrenvolle Bedienungen; ſseine Frau iſtst eine Mauritz von Weſsel;
Der Zzweyteyte Bruder iſtst Creiß⹀EinnehmerKreis-Einnehmer gleichfalls in Ruhrorth, und mit
einer Karthaus von Hagen verheirathet; der dritte noch unverheirathete
beſsorgt die Geſschäfte der älteren Schweſtster, die eine Spedition hat, und gleichfalls
in Ruhrorth wohnt — ; dieſse iſtst durch die Demo.Demoiſselle Noot aufmerkſsahm auf ſsich
ſselbſtst, und auf Gottes Wort geworden, und hegt den ernſtstlichen Wunſsch ſsich
zu beſsſsern; die jüngere Schweſtster iſtst an Herrn Doctor Maercker in Hagen
verheirathet —;
denen Ihren bekannten Geſsinnungen.
Fr.Friedrich Hoffmann
Synode: auch Kirchenrat oder Konsistorium; bezeichnet die Versammlung der Geistlichen und Laien evangelischer Gemeinden einer Region. Zwischen dem 10. und 12. Mai 1791 fand in der Pfarrkirche zu Haan die bergische Provinzialsynode statt. Johann Caspar Engels erhielt am 3. April 1791 das Mandat für die Synode der Elberfelder Classis.
Frz. „Fräulein“.
Clara Friederika Hoffmann, geb. Klein (1756–1823).
Sich anpassen.
Mangelndes bzw. schwach ausgeprägtes Selbstbewusstsein gilt hier nicht nur als Ausdruck exemplarischer christlicher Demut, sondern gemäß zeitgenössischen Geschlechtervorstellungen auch insbesondere als eine weibliche Tugend.
Diederich Walter Noot (1746–1817).
Obrigkeitlicher Kontrolleur des Salzhandels.
Hier: Obrigkeitliche Stellungen.
Anna Catharina Noot, geb. Mauritz (1756–1825).
Gerhard Peter Noot (1751–1836).
Vereidigter Einnehmer der Kreissteuern.
Anna Clara Maria Noot, geb. Karthaus (1750–1860).
Samuel Wilhelm Noot (1756–1828), Kaufmann in Ruhrort.
Johanna Sophia Aletta Haniel, geb. Noot (1742–1815).
Maria Elisabeth Märker, geb. Noot (1753–1831).
Johann Christoph Märker (1753–1830), Dr. jur., Notar und Justizkommissar in Hagen.
Johann Caspar Engels’ briefliche Erkundigungen über Luise Noot zum Zwecke der Entscheidungsfindung, ob er sie zur Frau nehmen solle oder nicht, ist Ausdruck einer vormodernen Liebes- und Ehekonzeption, der zufolge die Partnerschaft (noch) nicht in einer individualisierenden gegenseitigen ‚Liebe‘ ihren Legitimationsgrund findet, sondern in einem Katalog angebbarer positiver Merkmale der Person (wie Tugend, Frömmigkeit, soziale Reputation etc.) Siehe hierzu auch: Thorsten Dette: „Ach Gott, welch ein seliges Gefühl ist doch die Liebe“: Brautbriefe der Familie Engels im Kontext zeitgenössischer Standesschranken und Hochzeitsbräuche, in: Geschichte im Wuppertal (GIW) 24, 2015, 6–22.

DüsseldorfÜbergang der Franzosen über den Rhein bei Düsseldorf am 6. Sept. 1795. Cholet (?). Kolorierte Radierung, um 1820. © Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf
