Friedrich Engels sen.
1796 – 1860



Manchester

Elise Engels (geb. van Haar)
1797 – 1873



Engelskirchen

via Ostende
An Frau Elise Engels
Adr.Adresse dHerrn Ermen & Engels
in
 Engelskirchen
 per Cöln.

 
Liebe Eliſse,

Gestern Morgen erhielt ich Deinen l.lieben Brief und gleichzeitig
einen aus Barmen von Hermann und Emil. Mit Ver
gnügen ſsah ich daraus, daß es Dir wieder beſsſser ging, und
Du bald wieder ganz hergestellt bist. Aus Friedrichs Brief
hast Du meine glüklicheglückliche Ankunft geſsehen, ich war richtig
um 12 Uhr Mittags hier.
JIch wohne wieder bei Friedrich,
es war grade ein hübſsches Schlafzimmer frei. Friedrich
ſsieht wieder recht wohl und eben ſso stark wie früher
aus.
 Diesmal fand ich hier die Bilanzarbeiten
wirklich ſschon fertig, und das Reſsultat über mein
Erwarten günstig, nämlich eben ſso stark, wie das
verfloßeneverflossene Jahr, und meinen Antheil ſsogar
noch um ₤ 12,– größer, da das Bündelgeſschäft etwas
mehr gegen voriges Jahr geliefert hatte. Dieſse Reſsultate
ſsind wirklich erstaunlich, und um ſso erfreulicher, als
das Geſschäft eine ſsolidere Richtung genommen hat,
indem Spools und Bündel ſsich mehr ausdehnen, und
wir demnach weniger von dem Abſsatz an die weniger
ſsoliden Fabrikanten abhängig ſsind. – LEinen Sorgenstein,
liebe Mutter, kann ich Dir nun vollständig abnehmen,
den nämlich wegen der Deposita & Capitalien. Es ist jetzt
ſschon hinreichend Geld hier vorräthig um 20 à 30,000 ThlrThaler
heraus^ziehenherausziehen zu können, wenn es durch irgend
eine Kündigung nothwendig würde.  Wir haben in
dieſsem AugenblikAugenblick hier ₤ 18,000 – in Wechſsel u.und beim Banquier
stehen. Peter E.Ermen bekommt davon ₤ 5600 – mithin bleiben
stark ₤ 12,000 – oder rhReichstaler 84,000 disponible übrig, dabei ſsind
wir hier nichts ſschuldig und haben noch bezaltebezahlte Baumwolle
für ca. 7 Monate vorräthig. Mit GottfrGottfried E. Ermen habe ich in Bezug
auf den Fond die nöthige Abſsprache getroffen, er ist ganz damit
einverstanden, und ſsomit wäre dieſse Sache in Ordnung.
Er ſsieht auch wohl ein, daß überflüßigerüberflüssiger Fond ebenſso wohl
nachtheilig für ein Geſschäft
ist, als zu geringer, und deshalb
entsteht bei einem Geſschäfte, worin monatlich der Fond außer
den

außer den Zinſsen um ₤ 1000 – wächst, bald die Frage,
wohin mit dem überflüßigenüberflüssigen Gelde? wobei es dann am
einfachsten ist daß ich einen Theil davon zu mir
nehme, und die lästigen Capitalien abtrage.
Jetzt, liebe Mutter wirst du mir doch wohl recht
geben, wenn ich behauptete daß es hier bald
überſschäumen würde! Wir wollen übrigens Gott
danken, der alles ſso zu unſserm GlükGlück und Segen gelenkt
hat. Wegen Anton E.Ermen ist hier noch nichts geſschehen
und beſschloßenbeſschlossen, einstweilen nur wird er von GottfrdGottfried
und wahrſscheinlich auch von Peter unterstützt. Hätte der
dumme Anton nicht durch ſseinen albernen Contrakt
alles verdorben, ſso daß er noch ein paar Jahre warten
könnte ſso hätte man vielleicht in Verbindung mit
GottfrGottfried etwas Vernünftiges an der Sieg beginnen
können. JIch habe noch Niemand geſsehen, der ſsich
ſso in ſseiner eignen Schlinge gefangen hätte!

Wegen meiner Abreiſse kann ich noch nichts
näheres ſsagen; wenn eure Briefe nicht gekom̅engekommen
wären ſso würde ich ſschon morgen abgereist ſsein,
da ich hier fertig war. Jetzt werde ich aber noch ein paar
Tage hier bleiben, und vielleicht noch vorher nach
Oldham gehen.
Von nächstem *Dienstag Abend Dienſtag MittwochDienſtag an laßelasse übrigens
die Hausthüre blosbloß abſschließen, und den untern extra
Wirbel nicht herum drehen, ſso daß ich von außen mit
meinem SchlüßelSchlüssel öffnen kann. Auch laßelasse ein Nachtlicht
nebst Leuchter im Vorhaus hinſsetzen, wenn das Gas noch
nicht brennt. JIm letztern Falle bloß den Leuchter.

Nun Adieu liebe Eliſse; grüße die 3 Töchter ſso wie her
die übrigen herzlich von mir.
*Dienstag Abend
 
Mit treuer Liebe  
Dein
Friedrich
Mit treuer Liebe
Dein
Friedrich

Einlage an Hermann laß mit beiſschließen


Hermann Engels (1822–1905), zweiter Sohn von Friedrich Engels sen. und Elise Engels, geb. van Haar. Ab 1855 verheiratet mit Emma Croon (1834–1916).


Emil Engels (1828–1884), dritter Sohn und fünftes Kind von Friedrich Engels sen. und Elise Engels, geb. van Haar. Ab 1853 verheiratet mit Charlotte Bredt (1822–1912).


Garn wurde in 'Bündeln' oder auf 'Spulen' gehandelt. Ein 'Bündel' enthielt eine Anzahl von zusammengelegten 'Strähnen' von Garn mit einer bestimmten Länge. Die Garnlänge in einer 'Strähne' und die Anzahl der 'Strähnen' in einem 'Bündel' waren nach Herkunft des Garns unterschiedlich.


Engl. "Spulen".


Verwahrte Finanzmittel sowie Kapital, das durch die Firma Ermen & Engels erworben wurde.


Bei einem Wechsel handelt es sich um ein Wertpapier, welches den Aussteller oder eine dritte Person zu der unmittelbaren Auszahlung einer Summe innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet.


Peter Albert Ermen (1800–1887), Teilhaber der Firma Ermen & Engels in Manchester und Engelskirchen, zog sich 1852 aus der Geschäftsführung zurück. Ab 1831 verheiratet mit
Sarah Forster (1806–?).


Frz. "verfügbar".


Peter Jacob Gottfried Ermen (1811–1899), Teilhaber und Chef der Firma Ermen & Engels in Engelskirchen.


Friedrich Engels sen. spielt hier auf die beste Möglichkeit im Umgang mit Firmenkapital an: Eine große Summe Firmenkapital unberührt liegen zu lassen betrachtet er als ebenso schädlich wie mit einer zu geringen Summe Geld zu hohe Ausgaben machen zu wollen.


Gottfried Anton Ermen (1807–1885), Vertreter der Firma Ermen & Engels in Engelskirchen.


Knieriem stellt den Sachverhalt schlüssig dar: „Gottfried Anton Ermen hatte 1853 ein Grundstück mit Wassergefälle in Stein an der Sieg erworben. Hier sollte eine neue Baumwollspinnerei mit 16.000 Spindeln eingerichtet werden. Die Aufwendungen dafür sollten durch Friedrich Engels sen. und Gottfried Anton Ermen je zur Hälfte aufgebracht werden. Dieser Plan zerschlug sich, da sich Gottfried Anton Ermen kurz vor dem Vertragsschluss mit Friedrich Engels sen. an einer Kölner Spinnereigesellschaft beteiligte und dort auch das Wassergefälle an der Sieg einbrachte." (Michael Knieriem (Hg.): Die Herkunft des Friedrich Engels. Trier 1991, S. 641.)


Stadt im Nordwesten Englands.


Verschlussvorrichtung einer Tür.


Barmen besaß seit 1848 Gasanschluss – 10 Jahre später als Elberfeld (vgl. Michael Knieriem (Hg.): Die Herkunft des Friedrich Engels. Trier 1991, S. 564, Anm. 3 zu Brief 305b).


Gemeint sind die drei noch lebenden gemeinsamen Töchter Marie Engels (1824–1901), Hedwig Engels (1830–1904) und
Elise Engels (1834–1912).


Einen Brief (an einen Dritten) beilegen.

via Ostende
An Frau Elise Engels
Adr.Adresse dHerrn Ermen & Engels
in
 Engelskirchen
 per Cöln.

 
Liebe Eliſse,

Gestern Morgen erhielt ich Deinen l.lieben Brief und gleichzeitig
einen aus Barmen von Hermann und Emil. Mit Ver
gnügen ſsah ich daraus, daß es Dir wieder beſsſser ging, und
Du bald wieder ganz hergestellt bist. Aus Friedrichs Brief
hast Du meine glüklicheglückliche Ankunft geſsehen, ich war richtig
um 12 Uhr Mittags hier.
JIch wohne wieder bei Friedrich,
es war grade ein hübſsches Schlafzimmer frei. Friedrich
ſsieht wieder recht wohl und eben ſso stark wie früher
aus.
 Diesmal fand ich hier die Bilanzarbeiten
wirklich ſschon fertig, und das Reſsultat über mein
Erwarten günstig, nämlich eben ſso stark, wie das
verfloßeneverflossene Jahr, und meinen Antheil ſsogar
noch um ₤ 12,– größer, da das Bündelgeſschäft etwas
mehr gegen voriges Jahr geliefert hatte. Dieſse Reſsultate
ſsind wirklich erstaunlich, und um ſso erfreulicher, als
das Geſschäft eine ſsolidere Richtung genommen hat,
indem Spools und Bündel ſsich mehr ausdehnen, und
wir demnach weniger von dem Abſsatz an die weniger
ſsoliden Fabrikanten abhängig ſsind. – LEinen Sorgenstein,
liebe Mutter, kann ich Dir nun vollständig abnehmen,
den nämlich wegen der Deposita & Capitalien. Es ist jetzt
ſschon hinreichend Geld hier vorräthig um 20 à 30,000 ThlrThaler
heraus^ziehenherausziehen zu können, wenn es durch irgend
eine Kündigung nothwendig würde.  Wir haben in
dieſsem AugenblikAugenblick hier ₤ 18,000 – in Wechſsel u.und beim Banquier
stehen. Peter E.Ermen bekommt davon ₤ 5600 – mithin bleiben
stark ₤ 12,000 – oder rhReichstaler 84,000 disponible übrig, dabei ſsind
wir hier nichts ſschuldig und haben noch bezaltebezahlte Baumwolle
für ca. 7 Monate vorräthig. Mit GottfrGottfried E. Ermen habe ich in Bezug
auf den Fond die nöthige Abſsprache getroffen, er ist ganz damit
einverstanden, und ſsomit wäre dieſse Sache in Ordnung.
Er ſsieht auch wohl ein, daß überflüßigerüberflüssiger Fond ebenſso wohl
nachtheilig für ein Geſschäft
ist, als zu geringer, und deshalb
entsteht bei einem Geſschäfte, worin monatlich der Fond außer
den

außer den Zinſsen um ₤ 1000 – wächst, bald die Frage,
wohin mit dem überflüßigenüberflüssigen Gelde? wobei es dann am
einfachsten ist daß ich einen Theil davon zu mir
nehme, und die lästigen Capitalien abtrage.
Jetzt, liebe Mutter wirst du mir doch wohl recht
geben, wenn ich behauptete daß es hier bald
überſschäumen würde! Wir wollen übrigens Gott
danken, der alles ſso zu unſserm GlükGlück und Segen gelenkt
hat. Wegen Anton E.Ermen ist hier noch nichts geſschehen
und beſschloßenbeſschlossen, einstweilen nur wird er von GottfrdGottfried
und wahrſscheinlich auch von Peter unterstützt. Hätte der
dumme Anton nicht durch ſseinen albernen Contrakt
alles verdorben, ſso daß er noch ein paar Jahre warten
könnte ſso hätte man vielleicht in Verbindung mit
GottfrGottfried etwas Vernünftiges an der Sieg beginnen
können. JIch habe noch Niemand geſsehen, der ſsich
ſso in ſseiner eignen Schlinge gefangen hätte!

Wegen meiner Abreiſse kann ich noch nichts
näheres ſsagen; wenn eure Briefe nicht gekom̅engekommen
wären ſso würde ich ſschon morgen abgereist ſsein,
da ich hier fertig war. Jetzt werde ich aber noch ein paar
Tage hier bleiben, und vielleicht noch vorher nach
Oldham gehen.
Von nächstem *Dienstag Abend Dienſtag MittwochDienſtag an laßelasse übrigens
die Hausthüre blosbloß abſschließen, und den untern extra
Wirbel nicht herum drehen, ſso daß ich von außen mit
meinem SchlüßelSchlüssel öffnen kann. Auch laßelasse ein Nachtlicht
nebst Leuchter im Vorhaus hinſsetzen, wenn das Gas noch
nicht brennt. JIm letztern Falle bloß den Leuchter.

Nun Adieu liebe Eliſse; grüße die 3 Töchter ſso wie her
die übrigen herzlich von mir.
*Dienstag Abend
 
Mit treuer Liebe  
Dein
Friedrich
Mit treuer Liebe
Dein
Friedrich

Einlage an Hermann laß mit beiſschließen


Hermann Engels (1822–1905), zweiter Sohn von Friedrich Engels sen. und Elise Engels, geb. van Haar. Ab 1855 verheiratet mit Emma Croon (1834–1916).


Emil Engels (1828–1884), dritter Sohn und fünftes Kind von Friedrich Engels sen. und Elise Engels, geb. van Haar. Ab 1853 verheiratet mit Charlotte Bredt (1822–1912).


Garn wurde in 'Bündeln' oder auf 'Spulen' gehandelt. Ein 'Bündel' enthielt eine Anzahl von zusammengelegten 'Strähnen' von Garn mit einer bestimmten Länge. Die Garnlänge in einer 'Strähne' und die Anzahl der 'Strähnen' in einem 'Bündel' waren nach Herkunft des Garns unterschiedlich.


Engl. "Spulen".


Verwahrte Finanzmittel sowie Kapital, das durch die Firma Ermen & Engels erworben wurde.


Bei einem Wechsel handelt es sich um ein Wertpapier, welches den Aussteller oder eine dritte Person zu der unmittelbaren Auszahlung einer Summe innerhalb einer bestimmten Frist verpflichtet.


Peter Albert Ermen (1800–1887), Teilhaber der Firma Ermen & Engels in Manchester und Engelskirchen, zog sich 1852 aus der Geschäftsführung zurück. Ab 1831 verheiratet mit
Sarah Forster (1806–?).


Frz. "verfügbar".


Peter Jacob Gottfried Ermen (1811–1899), Teilhaber und Chef der Firma Ermen & Engels in Engelskirchen.


Friedrich Engels sen. spielt hier auf die beste Möglichkeit im Umgang mit Firmenkapital an: Eine große Summe Firmenkapital unberührt liegen zu lassen betrachtet er als ebenso schädlich wie mit einer zu geringen Summe Geld zu hohe Ausgaben machen zu wollen.


Gottfried Anton Ermen (1807–1885), Vertreter der Firma Ermen & Engels in Engelskirchen.


Knieriem stellt den Sachverhalt schlüssig dar: „Gottfried Anton Ermen hatte 1853 ein Grundstück mit Wassergefälle in Stein an der Sieg erworben. Hier sollte eine neue Baumwollspinnerei mit 16.000 Spindeln eingerichtet werden. Die Aufwendungen dafür sollten durch Friedrich Engels sen. und Gottfried Anton Ermen je zur Hälfte aufgebracht werden. Dieser Plan zerschlug sich, da sich Gottfried Anton Ermen kurz vor dem Vertragsschluss mit Friedrich Engels sen. an einer Kölner Spinnereigesellschaft beteiligte und dort auch das Wassergefälle an der Sieg einbrachte." (Michael Knieriem (Hg.): Die Herkunft des Friedrich Engels. Trier 1991, S. 641.)


Stadt im Nordwesten Englands.


Verschlussvorrichtung einer Tür.


Barmen besaß seit 1848 Gasanschluss – 10 Jahre später als Elberfeld (vgl. Michael Knieriem (Hg.): Die Herkunft des Friedrich Engels. Trier 1991, S. 564, Anm. 3 zu Brief 305b).


Gemeint sind die drei noch lebenden gemeinsamen Töchter Marie Engels (1824–1901), Hedwig Engels (1830–1904) und
Elise Engels (1834–1912).


Einen Brief (an einen Dritten) beilegen.


ManchesterManchester from Kersal Moor. William Wyld (1806–1889). Aquarell, 1852. Wikimedia Commons

EngelskirchenFabrik Ermen & Engels mit Villa Engels. Unbek. Künstler. Photographie, 1868 © Archiv Ermen & Engels, LVR-Industriemuseum Engelskirchen